Die Farbe des Schattens

Ein zweiter Fall für Arno Groth

Kommissar Arno Groth ermittelt wieder. Aufgewachsen in der mecklenburgischen Kleinstadt Wechtershagen, irgendwann in die BRD gegangen, ist Groth kurz nach der Wende als „Aufbauhelfer“ in seine einstige Heimat zurückgekehrt. Davon erzählte die Autorin Susanne Tägder in ihrem Krimi-Debüt Das Schweigen des Wassers. Zeitlich schließt Die Farbe des Schattens unmittelbar an den Vorgänger an: es ist ein trister Winter im jungen Nachwendedeutschland. Mit einem präzisen Blick fängt Tägder die Stimmung in der ostdeutschen Provinz in dieser Umbruchszeit ein. Rechtsradikale, Arbeitslose, Alkohol, leerstehende Neubauten - das alles klingt nach Klischee und ist dennoch ziemlich realistisch.

“In den Gesichtern der Jungen immer derselbe Ausdruck von aufgesetzter Langeweile, hinter dem sich, das kann Groth riechen, eine diffuse Wut auf alles verbirgt.“

Schon Groths erster Fall führte ihn tief in die DDR-Vergangenheit zurück, von der man im Ort eigentlich nichts mehr wissen will. Der Fall des vermissten Jungen aber, dem Groth nun folgt, scheint viel mehr mit den Konflikten der Zeit zu tun zu haben. Entsprechend rückt die triste Nachwenderealität, rücken Jugendgewalt und Verwahrlosung stärker in den Fokus. Bis Groth auf einen Fall von 1986 stößt, der einige überraschende Parallelen aufweist. Und plötzlich ist sie wieder da, die DDR-Vergangenheit, die wie ein Schatten auf Wechtershagen liegt. (Sie war nie weg.)

Susanne Tägder: Die Farbe des Schattens. Klett-Cotta 2025

In dem Maß, wie die Vergangenheit die Romanhandlung dominiert, zeigt sich auch ein wenig das Problem dieses dicht erzählten Krimis. Die zunächst in den Vordergrund geschobenen Konflikte der Nachwendezeit, wie etwa die rechtsradikale Gewalt und die grassierende Arbeitslosigkeit, werden schnell beiseite und in den Hintergrund geschoben und dienen vor allem dem Zeitkolorit. Die Spur, die Arno Groth verfolgt, führt woanders hin. Nicht zuletzt auch in die Schatten der eigenen Vergangenheit: denn Groth, der mit diesem Roman als Ermittler in Serie gelten darf, der nicht nur seinen Franz Kafka (oder in diesem Band Uwe Johnson) sondern wohl auch Georges Simenon mit seinem Maigret gelesen haben dürfte, hat so einige Geheimnisse. Es bleibt spannend.