Nicht heulen, sondern handeln
Die Kirche ist in der Krise? Na klar. Kein Grund zu heulen, aber ein guter Anlass zum Streiten. Gedanken zu Erik Flügges Thesen für einen mutigen Protestantismus der Zukunft.
Die Kirche ist in der Krise? Na klar. Kein Grund zu heulen, aber ein guter Anlass zum Streiten. Gedanken zu Erik Flügges Thesen für einen mutigen Protestantismus der Zukunft.
"Du lebst im Wollen und nicht im Wachsen." Bumm. Das sitzt. So eine weichgespülte Wellness-Spiritualität für das gebeutelte Ego ist des Martin Schleske Sache nicht. Als Geigenbauer weiß er um die Notwendigkeit ausdauernder, präziser und fordernder Arbeit und um das Geheimnis unablässigen Übens. Als Erzähler gibt er mit seinen bisher zwei schwergewichtigen Büchern Zeugnis ab von der unergründlichen Weisheit, die in den Texten der Bibel gespeichert ist. Ein Buch, das auf die wirklich großen Fragen keine einfachen Antworten gibt.
Die Arbeit im Kirchenvorstand: "Wer nimmt so etwas freiwillig auf sich? Und warum?" Nur eine von vielen Fragen, die in diesem Buch nicht beantwortet werden. Zum Glück. Ein Buch, eine Einladung zur Auseinandersetzung mit der Rolle des Glaubens im eigenen Leben – für Christen genauso wie für die, die es (nicht) werden wollen.
Als vor einigen Jahren durch die Lektüre von ganz verschiedenen Autoren wie Christian Nürnberger, Christoph Quarch oder Christian Lehnert mein Interesse am Christentum geweckt worden war, empfahl mir eine Freundin auf die Frage nach zu lesenden theologischen Büchern dieses eine: Dietrich Bonhoeffers Briefe aus der Haft, die von dessen Freund Eberhard Bethge nach dem Krieg unter dem Titel "Widerstand und Ergebung" herausgegeben worden waren.
Fliegende Blätter von Kult und Gebet: Christian Lehnert's Essay über Paulus ist vielleicht eins der wichtigsten Bücher in meinem Leben. Nun wendet sich Lehnert dem christlichen Gottesdienst zu - und zwar aus einem "seelischen Desaster" heraus...
Nachdem Christian Nürnberger schon einmal dargelegt hat, was man über die Bibel "wirklich wissen muss", liefert er auch im Folgeband, Das Christentum, wie erwartet kein Lexikon der christlichen Geschichte. Auf 300 Seiten eilt er durch 4000 Jahre Kulturgeschichte, nicht um Fakten und Personalien zu vermitteln, sondern um die Bedeutung des Christentums für die heutige Welt zu erforschen. Was man wirklich wissen muss? Die Frage zielt auf eine Essenz der christlichen Botschaft für die Welt von heute.
Denke ich an Japan, fällt mir, natürlich, zunächst der Zen-Buddhismus ein. Christenverfolgung? Das war mir neu. Der japanische Schriftsteller Shūsaku Endō hat dieses grausame Kapitel der japanischen Geschichte zum Anlass für ein sehr persönliches Buch über den christlichen Glauben genommen - ein spannender geschichtlicher Roman, ein ungeschminkter Blick in menschliche Abgründe und eine leise Meditation über Kernfragen des (christlichen) Glaubens.
Wie ist der christliche Glaube in die Welt gekommen? Durch welche - sozialen, politischen, philosophischen und auch ganz persönlichen - Bedingungen wurde das Christentum zu dem, wie es sich heute - repräsentiert durch die christliche Kirche - darstellt? Wie kommt man selbst dazu - wider besseres Wissen - zu glauben? Und was kommt, nachdem man diesen Glauben verloren hat?
Der Klappentext spricht gleich von einer "Islamisierung des Abendlandes". Navid Kermani zeigt eher, wie ein Dialog zwischen den Kulturen aussehen kann: mit kühlem Kopf und warmem Herz, voll Staunen und Begeisterung. Mein Buch des Jahres 2015.